Vendela Vida – Die Gezeiten gehören uns

San Francisco, 1985: „Breakfast Club“ und „Outsiders“, Diskoroller, Clearasil gegen Pickel und Swatch, The Police und Psychedelic Furs setzen den Rahmen: Maria Fabiola, Teenager, rassige Schönheit, armreifenberingt, charismatisch, mit blühender Phantasie, entzweit sich von der Mitschülerin und Ich-Erzählerin Eulabee in der Frage polizeilicher Ermittlung, ob sich der Stalker im weißen Auto den Penis gestreichelt hat oder nicht. Was Eulabee nicht anficht, die dreht ihr eigenes Ding, sie sagt von sich:„Ich bin eine sehr gute Schülerin mit einer finsteren Seite.“ Sie liest Kundera und gibt vor Tschechisch zu lernen, verschmäht die Freundschaft zu Keith und läßt sich mit dem Dreckskerl Alex ein. Als Maria Fabiola vermißt wird, fällt der Verdacht auf Eulabee.

Vendela Vida katapultiert uns Lesende zurück in eine Schulzeit-Vergangenheit, indem sie von einer charismatischen, die Wahrnehmung absorbierenden Mitschülerin, deren Anziehungskraft besonders im Teenageralter verfängt, der also auch Ich-Erzählerin Eulabee sich niemals vollständig entziehen kann. Aber auch der „Stille Wasser sind tief“-Typus ist uns aus der Schulzeit wohlbekannt, diesen verkörpert die Ich-Erzählerin selbst. Mit ihr wendet sich die Aufmerksamkeit des Lesenden dem Eigentlichen zu, dem von der Oberfläche Verdeckten, das vom Schrillen, Lauten, Lichthellen absieht. Fazit: nach „Des Tauchers leere Kleider“ schon der zweite mich überzeugende Roman von Vendela Vida, spannend, mit psychologischer Raffinesse und überraschenden Wendungen erzählt. (MH)

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