Dieser kleine, feine Roman der amerikanischen Schriftstellerin Julie Otsuka ist etwas ganz Besonderes – anrührend und zutiefst menschlich, mit einem beeindruckenden Gespür für leise Töne.
In einem unterirdischen Schwimmbad trifft sich regelmäßig eine bunt gemischte Gruppe von Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen vor der Hektik des wirklichen Lebens „da oben“ fliehen – unter ihnen auch Alice, die an zunehmender Demenz leidet. Im Schwimmbecken finden sie Ruhe, ziehen ihre Bahnen, haben ihre eigenen Regeln und Rituale, fühlen sich sicher und geschützt. Bis eines Tages ein Riss am Boden des Beckens auftaucht. Ein Riss im Becken wie der Riss im Gedächtnis von Alice. Ein Riss, der alle zutiefst verunsichert und schließlich dazu führt, dass das Schwimmbad geschlossen werden muss. Mit dieser Schließung geht den Schwimmer*innen das feste Gerüst ihres Lebens verloren, sie müssen sich neu orientieren und sortieren. Ganz so wie Alice durch ihre fortschreitende Krankheit immer mehr den Halt verliert und sich ohne ihre Familie in einem Heim wiederfindet.
Julie Otsuka erzählt aus unterschiedlichen Perspektiven von Gewohnheiten und Veränderungen, vom Erinnern und Vergessen und beleuchtet sehr einfühlsam das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter.
„Solange wir schwimmen“ ist keine ganz leichte Lektüre, und Form und Inhalt erfordern durchaus ein konzentriertes und aufmerksames Lesen. Wer sich aber darauf einlässt, wird mit einem besonderen Leseerlebnis belohnt!