„Herrinnen des Mondes“ von Jokha Alharthi ist ein stilles, kraftvolles Buch, das einen nicht mehr loslässt. Es erzählt die Geschichte dreier Schwestern im Oman, und man taucht tief ein in ihre Welt, irgendwo zwischen Tradition und Wandel.
Da ist Mayya, derren Herz gebrochen ist, aber in eine Ehe gedrängt wird. Asma, die sich zwischen Pflichtgefühl und innerer Leere verliert. Und Khawla, die sich weigert, sich zu fügen, die trotzig liebt, hofft und ihren eigenen Weg sucht. Und die dritte Schwester, die gerne liest und ihre Entscheidungen ganz rational trifft. Jede von ihnen kämpft auf ihre ganz eigene Weise für ein kleines Stück Freiheit. Zwischendrin gibt es immer wieder Kapitel aus anderen Perspektiven, dazu Zeitsprünge, die mal in die Vergangenheit, mal in die Gegenwart führen. Das wirkt anfangs etwas ungewohnt, macht den Roman aber umso vielschichtiger. Es ist ein großer Familienroman, eingebettet in eine eindrucksvoll beschriebene Umgebung.
Was mich besonders berührt hat: Alharthi verurteilt nicht. Sie beobachtet, zeichnet nach, lässt Raum. Die Geschichten wirken nah, ehrlich, lebendig und oft auch schmerzhaft echt. Man spürt die inneren Konflikte, die Zerrissenheit zwischen dem, was man will, und dem, was erwartet wird. Auch wenn ich nicht glaube, alles an dieser Geschichte vollständig verstanden zu haben, finde ich sie sehr gelungen. Ein toller, poetischer Roman, der nachklingt. Vor allem, wenn es um eine Gesellschaft im Wandel geht und um die Fragen, wer wir sind und wer wir sein dürfen.