Herzlichen Glückwunsch, Jonas Lüscher, zum Preis der Leipziger Buchmesse 2025, Abteilung Belletristik! Es fällt mir schwer, vorzustellen, daß die Jury in diesem Jahr an dem neuen Roman des Schweizers vorbeigehen kann. Nach „Frühling der Barbaren“ und „Kraft“, für das er mit dem Schweizer Literaturpreis ausgezeichnet wurde, nun der beste Streich. Worum es geht: das Verhältnis von Mensch und Maschine, Technikskepsis und Technischen Fortschritt. Dazu reist ein offenbar dem Autor Jonas Lüscher nachempfundener Ich-Erzähler wie im Fiebertraum durch die Zeiten. Es beginnt mit dem 1. Giftgasangriff im 1. Weltkrieg mit einem algerischen Soldaten, weiter in die französische Provinz nach den Kriegen, wo Briefträger Cheval ein eigenwilliges Bauwerk schuf, wohin der Schriftsteller Peter Weiss reist. Wir gelangen 200 Jahre zurück zu den Maschinenstürmern nach Böhmen und in ein zukünftiges Pharao City bei Kairo mit traurigen Menschenrobotern, all dies Orte, wohin der Erzähler, wieder parallel erzählt, in der Gegenwart Reisen unternimmt, kuriert von einer Erkrankung, die er auf der Intensivstation nur mithilfe von an ihn angeschlossenen Maschinen überlebt hat.
Die Übergänge zwischen den Erzählebenen sind fließend, Episoden packend realistisch erzählt, andererseits mit Elementen von phantastisch-surrealem Charakter besetzt, wie der große sphinxhafte Vogel auf der Schulter des Erzählers. Das Verhältnis von Ratio und Gefühl, von Humor in der Literatur, Schwermütigkeit und Überlebenswillen, vieles wird im Rahmen des Mensch-Maschine-Komplexes romanhaft verhandelt. Zuletzt ist -„Verzauberte Vorbestimmung“- zwischen Poesie und unabwendbarem Technischen Fortschritt, das Verhältnis, das Jonas Lüscher in diesem herausragenden Gegenwartsroman auslotet. Lassen Sie sich ein!