Degrowth

„Degrowth“ ist eine Bewegung der Kritik am Wachstumsmodell, das auch grünem Wachstum, insoweit sich die Argumente und empirischen Beobachtungen mehren, daß dieses, statt nachhaltig zu sein, im Gegenteil zu neuen Nachhaltigkeitsdefiziten führt, kritisch gegenübersteht. „Degrowth“ stimmt weder mit Austeritäts-, heißt Sparpolitik, als Antwort auf die Wirtschaftskrise überein, noch mit der Ausgabenpolitik keynesianischer Prägung, da es beiden erstens um Investitionstätigkeiten, erneute Kapitalzirkulation und Wachstum geht, da beiden zweitens eine Abscheu vor der Untätigkeit oder „Faulheit“ (Zitat David Cameron) zugrunde liegt.

Im Gegensatz dazu hat „Degrowth“ keine Angst vor Untätigkeit, vor dem Recht faul zu sein. Die Schlüsselbegriffe sind „Persönliche Mäßigung und Soziale Dépense“ – persönliche Mäßigung heißt, nicht im Namen eines Finanzdefizits, sondern befreit von der Last unbegrenzter Wahlmöglichkeiten und gegen die Illusion, den Sinn des Lebens individuell finden, privat Dinge anhäufen zu wollen, ist das Leben wieder genießbar geworden. Wer dazu Dépense praktiziert, wahre soziale Ausgaben tätigt, verbrennt Kapital, nimmt es aus der Zirkulation und verlangsamt sie damit.

Eine „Macht- oder Verteilungsfrage“ stellt sich in gegenwärtigen Konsumdemokratien und immer mehr Schwellenländern nicht, denn es ist dort nur noch eine verschwindend kleine Elite, die nicht über ihre ökologischen Verhältnisse lebt. Gefragt sind mikroökonomische Lösungen als eine Art Rollenmodell zur Einübung der notwendigen Praktiken der Selbstbeschränkung, Sesshaftigkeit und zumindest graduellen Selbstversorgung, „bevor die konsumdemokratische Mehrheit auch nur daran denkt, sich durch ein politisches Votum freiwillig einer materiellen Entzugskur zu unterwerfen.“ (S. 12)

Aufgeteilt in 4 Teile und 53 Kapitel von oft nur wenigen Seiten, welche die Schlüsselbegriffe der Degrowth-Bewegung verhandeln und miteinander verknüpfen, zudem für ein breites Publikum geschrieben von vorwiegend französischen und spanischen Vertretern, versehen mit glänzendem Vor- und Nachwort, ist dieses Kompendium nichts weiter als unbedingt empfehlenswert.

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