Dieser Roman aus Neuseeland von Becky Manawatu, gestartet in einem Kleinverlag mit 500 Exemplaren, war 2 Jahre lang das bestverkaufteste Buch der Inseln, gewann den höchstdotierten Buchpreis des Landes, zudem Preise für das beste Erstlingswerk. Unwahrscheinlich, aber wahr ist, daß die Handlung auf einer prägenden Erfahrung der Autorin als 11-jähriges Mädchen beruht.
Neuseeland, Südinsel, in der Gegenwart: Der 17-jährige Maori Tauk bringt seinen 8-jährigen Bruder Ari aufs Land zur Tante, um ihn mitsamt Auto, Gitarre und Surfbrett auf dem Dach Richtung Nordinsel zu verlassen. Tauk, der Surfer, der sein Brett nicht braucht, ist immer knapp bei Kasse, kommt auf Strand-Parties und als Straßenmusiker gut an. Er ist ein Teenager auf Suche, wie sein junger Bruder gilt er als Waise.
Im zweiten Erzählstrang lebt Ari auf dem Hof seiner Maori-Tante Kat und Onkel Stu, der dem 8-Jährigen mit unverhohlener Abneigung begegnet. Wir erleben, wie sich die Freundschaft Aris zur gleichaltrigen Beth entwickelt, die in der Nachbarschaft wohnt und seiner Sehnsucht nach dem verlorenen Bruder und dem Gefühl, unerwünscht zu sein, etwas entgegensetzt.
In einem dritten Erzählstrang wird in Rückschau das Leben der Kusinen Sav und Jade geschildert, die zu einer Maori-Gang gehören, die vor Abgründen an Drogen und Gewalt nicht zurückschrickt. denen die Kusinen zu entkommen versuchen. Hier erfahren wir schließlich, was es mit Tauks und Aris Eltern auf sich hat.
Allmählich fügen sich die in Episoden abwechselnd erzählten Handlungsstränge zum Bild einer Maori-Familie. Es gelingt der Autorin meisterhaft, die Lesenden beim Geschehen zu halten und die Spannung bis zum dramatischen Höhepunkt zu steigern. Wie nebenbei tauchen sie tief ein in die neuseeländische Maori-Gegenwart, erfahren mehr, als daß es das Rugby-Team der „All-Blacks“ gibt, über die Sprache „Te Reo“ etwa und „Whakama“, ein nicht einfach zu übersetzendes Gefühl der Schüchternheit, das besonders unter Jugendlichen verbreitet ist.
Fazit: Wer die erzählerische Herausforderung annimmt, wird mit einer Geschichte belohnt, die an Spannung nichts zu wünschen übrig läßt. Kaum zu glauben, daß es sich um den ersten Roman der Autorin handelt.
erschienen 1.9.2025 in Aachener Zeitung Print und Digital: https://www.aachener-zeitung.de/kultur/spannender-bestseller-aus-neuseeland/85692100.html