„Roman“ steht drauf, auf Kaleb Erdmanns Buch, das es auf die Shortlist zum deutschen Buchpreis 2025 geschafft hat . Aber eigentlich ist es eher ein Roman über einen Roman, denn Erdmann scheibt über sein Vorgehen an diesem Erzählprojekt, in dem er sich die Frage stellt, wie man über eine unbegreifliche Gewalttat schreiben kann. Und ob es , wie er es selbst formuliert, „überhaupt einen guten Grund gibt, eine Katastrophe in Kunst zu verwandeln“. Die Gewalttat ist in diesem Fall der Amoklauf von Erfurt im Jahr 2002, den der Autor als Schüler der 5. Klasse am Gutenberg-Gymnasium miterlebt hat. Und so viele Jahre hat es gebraucht, bis der Erzähler es schaffte, dieses schockierende Erlebnis mit all seinen traumatisierenden Nachwirkungen auszuformulieren. Entstanden ist, so Erdmann im ersten Kapitel, ein Text „über eine zutiefst traumatisierte Schule, über das Gutenberg-Gymnasium in den Jahren nach dem Amoklauf, über Gewalt und Verarbeitung“. Wer nun einen reißerischen, voyeuristischen Roman erwartet, liegt jedoch falsch – es ist vielmehr Spurensuche, Recherche, Hinterfragen, Konfrontation mit dem 11järigen Ich von damals und den Auswirkungen auf das Leben danach.
Kaleb Erdmann ist es gelungen, einen vielschichtigen Reportagenroman zu schreiben, der sich sowohl einfühlsam als auch nüchtern diesem Thema in allen Facetten annähert.